Rechtliche Vorsorge: Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung.
Das Leben ist unvorhersehbar – aber auf manche Situationen können Sie sich durchaus vorbereiten. Beispielsweise auf den unangenehmen Fall, dass Sie irgendwann keine eigenen Entscheidungen mehr treffen können. Dies kann durch einen Unfall, eine Krankheit oder einfach altersbedingt eintreffen. Um in einer solchen Lage entsprechend der eigenen Wünsche behandelt zu werden, sind Vorsorgedokumente sinnvoll – dazu gehören Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung. Erfahren Sie hier, was diese Dokumente sind und was es hinsichtlich der Erstellung zu bedenken gibt.
Was ist eine Vorsorgevollmacht?
Die Vorsorgevollmacht ist ein schriftliches Dokument, das eine oder mehrere Vertrauenspersonen zu rechtlichen Entscheidungen bevollmächtigt, wenn die ausstellende Person diese selbst nicht mehr treffen kann. Dies kann beispielweise aufgrund von Unfall, Krankheit oder nachlassenden geistigen Kräften im Alter der Fall sein. Mithilfe der Vorsorgevollmacht kann die Vertrauensperson dann in folgenden Bereichen Ihre Angelegenheiten regeln:
- Gesundheit: beispielsweise die Zustimmung zu medizinischen Untersuchungen und Behandlungen oder Entscheidungen über Pflegeleistungen.
- Behörden und Finanzen: die Vertretung gegenüber Behörden, Versicherungen und Banken sowie die Verwaltung des Vermögens. Wichtig: Bei vielen Banken ist es erforderlich, dass zusätzlich zur Vorsorgevollmacht eine Bankvollmacht vorliegt.
- Vertragsangelegenheiten: Verträge kündigen und abschließen – ausgenommen davon sind höchstpersönliche Geschäfte wie Eheschließungen oder Testamente.
- Aufenthaltsbestimmung: beispielsweise der Umzug in ein Pflegeheim .
Wichtig hierbei: Eine Vorsorgevollmacht hat so weitreichende Folgen, dass Sie diese nur einer Person erteilen sollten, der Sie zu hundert Prozent vertrauen. Sie können auch Vorkehrungen treffen, damit die Vollmacht nicht missbräuchlich eingesetzt werden kann – beispielweise, indem Sie verschiedene Personen für die unterschiedlichen Bereiche bevollmächtigen oder indem Sie eine Rechenschaftspflicht in das Dokument aufnehmen, sodass die Bevollmächtigten gegenüber Dritten detailliert Auskunft über Handlungen und Entscheidungen geben müssen.
Mit der Vorsorgevollmacht selbstbestimmt bleiben.
Eine Vorsorgevollmacht hilft dabei, auch im Pflegefall ein gewisses Maß an Selbstbestimmung zu bewahren. Denn Sie legen im Voraus fest, wer in Ihrem Namen wichtige Handlungen und Entscheidungen vornehmen darf. Und mit dieser Person können Sie dann vorab besprechen, wie Ihre konkreten Wünsche beispielsweise hinsichtlich medizinischer Behandlungen aussehen. Haben Sie eine solche Vollmacht nicht vor Eintritt des Pflegefalls erstellt, entscheidet im Zweifel ein Betreuungsgericht über einen gesetzlichen Betreuer. Dies ist zwar häufig ein naher Angehöriger, aber es kann auch eine fremde Person sein. Mit einer Vorsorgevollmacht stellen Sie sicher, dass dieses Szenario nicht eintritt.
Sie gehen davon aus, dass im Notfall ja Ihr Ehepartner als rechtlicher Vertreter eingesetzt wird? Das kann zwar der Fall sein, wie im Notvertretungsrecht für Ehegatten geregelt. Allerdings ist das Recht nur auf gesundheitliche Entscheidungen begrenzt und auch nur für maximal sechs Monate gültig. Daher sollten auch Verheiratete sich gegenseitig eine Vorsorgevollmacht erteilen.
Was ist eine Patientenverfügung?
In der Patientenverfügung können Sie festlegen, welche medizinischen Maßnahmen Sie befürworten oder ablehnen, wenn Sie nicht mehr selbst Ihren Willen dazu äußern können. So halten Sie hier beispielsweise fest, ob und in welchen Situationen lebensverlängernde Maßnahmen zum Einsatz kommen sollen. Wichtig ist hier, sich vorab ausreichend über mögliche Situationen und die Folgen der entsprechenden medizinischen Behandlungen zu informieren – am besten im Gespräch mit Ihrem Arzt. Und: Je konkreter die Anweisungen in der Patientenverfügung, desto besser können Ärzte und Vertreter Ihren Willen erkennen.
Ihre Wünsche im Pflegefall klar kommunizieren.
Mit einer Patientenverfügung stellen Sie vorab sicher, dass medizinische Entscheidungen nach Ihren Wünschen getroffen werden. Gerade am Lebensende kann dies wichtig werden. Sie können beispielsweise festlegen, dass bei einer unheilbaren Krankheit keine belastenden lebensverlängernden Maßnahmen erfolgen sollen. Stattdessen kann der Fokus auf einer schmerzlindernden, palliativen Behandlung liegen. Ihr Wunsch nach einem würdigen Sterben ohne künstliche Lebensverlängerung bleibt so gewahrt, denn Ärzte und Bevollmächtigte müssen Ihre Vorgaben befolgen.
Ohne Patientenverfügung muss Ihr mutmaßlicher Wille erst ermittelt werden. Dies geschieht beispielsweise durch Gespräche mit Angehörigen, die anhand früherer Äußerungen und Wertvorstellungen Vermutungen bezüglich Ihres Willens äußern. Allerdings können dabei Missverständnisse und Konflikte entstehen – und es lastet ein großer Druck auf Ihren Angehörigen. Mit einer Patientenverfügung treffen Sie diese schweren Entscheidungen selbst. Sie entlasten Ihre Familie, weil klar dokumentiert ist, was Sie wünschen und was nicht.
Zusammenspiel zwischen Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung.
Im Idealfall erstellen Sie rechtzeitig beide Dokumente, da diese sich ergänzen. Die Patientenverfügung dokumentiert, was mit Blick auf medizinische Behandlungen geschehen soll, und die Vorsorgevollmacht klärt, wer diese Entscheidungen durchsetzen kann. Liegt keine Vorsorgevollmacht vor, muss der vom Gericht bestellte Betreuer Ihre Patientenverfügung durchsetzen. Dies birgt das Risiko, dass Entscheidungen nicht komplett in Ihrem Sinne getroffen werden. Liegt nur eine Vorsorgevollmacht, aber keine Patientenverfügung vor, muten Sie Ihrem Bevollmächtigten zu, Ihren Willen hinsichtlich medizinischer Maßnahmen korrekt einzuschätzen. Es empfiehlt sich daher sowohl in Ihrem als auch im Sinne Ihrer Angehörigen oder Vertrauenspersonen, beide Dokumente parat zu haben.
Wie gelange ich zur rechtssicheren Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung?
Beide Dokumente sollten schriftlich vorliegen und unterschrieben sein. Zwar ist dies für die Vorsorgevollmacht nicht gesetzlich vorgeschrieben, wird jedoch dringend empfohlen, da sie rein mündlich nicht nachweisbar ist und somit in der Regel gerichtlich abgelehnt wird.
Wichtig ist auch, dass in beiden Dokumenten klare Formulierungen genutzt werden. Dies gelingt besonders gut, indem Sie Vorlagen oder Online-Tools nutzen. Das Bundesministerium der Justiz bietet Formulare für die Vorsorgevollmacht bzw. Betreuungsverfügung. Die Pateientenverfügung können Sie über die Verbraucherzentrale ganz einfach online ausfüllen. Hier werden Sie Schritt für Schritt durch alle Szenarien geleitet.
Es ist in jedem Fall empfehlenswert, sich bei der Erstellung von Experten beraten zu lassen. Dies kann über einen Notar, eine Anwaltskanzlei, eine Betreuungsbehörde oder Beratungsstellen – beispielsweise bei der Caritas oder der Deutschen Stiftung Patientenschutz – erfolgen. Auch eine Beglaubigung der Unterschrift wird bei diesen wichtigen Dokumenten empfohlen. Dabei kann ein Notar oder – deutlich günstiger – eine Betreuungsbehörde weiterhelfen.
Wie bewahre ich Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht auf?
Bei der Aufbewahrung steht vor allem eins im Vordergrund: Sind die Dokumente im Notfall schnell auffindbar? Der Aufbewahrungsort sollte sicher, aber für die Angehörigen oder Vertrauenspersonen schnell erreichbar und vor allem natürlich bekannt sein. Legen Sie am besten einen Ordner oder eine Kiste an, die Sie deutlich mit „Vorsorge“ beschriften. Idealerweise tragen Sie im Portemonnaie auch eine Hinweiskarte bei sich, die Ihre Kontaktperson sowie den Ort Ihrer Vorsorgedokumente aufführt.
Außerdem können Sie Ihre Vorsorgedokumente im Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer registrieren lassen. Dies macht sie im Ernstfall leichter auffindbar. Die Registrierung ist sowohl online als auch über Formulare möglich. Sie zahlen dafür nur eine einmalige Gebühr zwischen 10 und 20 Euro. Aber Achtung: Die Dokumente selbst sind nicht im Register hinterlegt. Hier können sich lediglich Gerichte und Ärzte darüber informieren, dass eine Vollmacht existiert und wer bevollmächtigt wurde.
Handeln Sie frühzeitig.
Mit einer durchdachten Patientenverfügung und einer umfassenden Vorsorgevollmacht behalten Sie die Kontrolle über Ihre Lebensentscheidungen. Dies gilt selbst dann, wenn Sie diese nicht mehr persönlich treffen können. Handeln Sie möglichst frühzeitig, denn es ist nie absehbar, wann ein Pflegefall eintrifft.
Denken Sie daran: Vorsorge ist Fürsorge – sowohl für Sie selbst als auch für die Menschen, die sich um Sie kümmern.