Private Krankenversicherung vs. gesetzliche Krankenversicherung: Was lohnt sich im Alter?
Vor dem Eintritt in den Ruhestand rücken nicht nur Reisepläne und Freizeitgestaltung in den Fokus, sondern auch die Frage: Wie bleibt die Gesundheitsversorgung bezahlbar? Gerade im Alter zeigt sich, ob die Entscheidung für GKV oder PKV langfristig trägt – finanziell wie gesundheitlich. Erfahren Sie hier, ob sich die private Krankenversicherung im Ruhestand lohnt und was Sie beachten sollten.
Auch wenn wir dies in jungen Jahren häufig abtun – Gesundheit ist unser mit Abstand wichtigstes Gut. Erst recht mit zunehmendem Alter, sobald es hier und da immer öfter zwickt und der Körper bisweilen auch ernsthaft aus dem Gleichgewicht gerät.
Zum Glück haben wir in Deutschland – allen Unkenrufen zum Trotz – eines der weltweit besten Gesundheitssysteme. Im „CEOWORLD Health Care Index 2024“ etwa rangiert Deutschland auf Platz acht. An der Spitze mit Taiwan und Südkorea zwei asiatische Staaten. Neben Deutschland sind unter den Top zehn fünf weitere europäische Länder platziert. Die Rangliste basiert auf Daten zur Effizienz, Qualität und Verfügbarkeit der Gesundheitsversorgung.
Das duale Gesundheitssystem in Deutschland.
Die beiden tragenden Säulen des deutschen Gesundheitssystems sind die Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) sowie die Privaten Krankenversicherungen (PKV). Die Geschichte der PKV reicht bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts. Damals erlaubte Preußen die Gründung von Krankenkassen für Fabrikarbeiter. Lehrer, Geistliche und Beamte gründeten private Krankenkassen, weil sie sich nicht in den Kassen für Fabrikarbeiter versichern konnten.
In den 1920er Jahren stieg die Zahl der privaten Versicherer, die PKV wurde für Beamte üblich. Im Jahr 1970 sicherte Der Gesetzgeber der Privaten Krankenversicherung mit dem „Zweiten Krankenversicherungsänderungsgesetz“ eine dauerhafte Existenz neben den Gesetzlichen Krankenkassen zu.
Unterschiede zwischen GKV und PKV.
Soll und Haben der gesetzlichen Kassen beruhen auf dem Solidarprinzip. Danach werden alle Versicherten gleich behandelt und genießen ein und denselben Schutz – unabhängig von der Höhe ihrer Beiträge oder ob sie etwa wie Arbeitsuchende überhaupt Beiträge zahlen.
Rund 95 Prozent der Leistungen Gesetzlicher Krankenkassen sind identisch. Diese Leistungen sind im Sozialgesetzbuch vorgeschrieben. Wem dies nicht reicht, der kann private Zusatzversicherungen abschließen, die den gesetzlichen Schutz erweitern.
Die Höhe des Kassenbeitrags (in Prozent des sogenannten Bruttoarbeitsentgelts) hängt von der Einkommenshöhe des gesetzlich Krankenversicherten und von der Krankenkasse selbst, die autonom ihren Beitragssatz und den Zusatzbeitrag festlegen darf, ab.
Bei der Privaten Krankenversicherung ist der Solidargedanke eher wenig bis nicht ausgeprägt. Die Höhe des Beitrags richtet sich nach dem Risiko, das die Assekuranzen mit jedem einzelnen Versicherten eingehen, und nach dem vereinbarten Leistungsumfang. Stichwort Risiko: Junge und jüngere Versicherte zahlen weniger Beitrag, weil sie – zumindest statistisch gesehen – deutlich gesünder sind als ältere Menschen. Stichwort Leistungsumfang: Wer einen „Luxus“-Tarif mit Ein-Bett-Zimmer Im Krankenhaus, durchgängiger Chefarztbehandlung sowie hohem Krankengeld und Krankenhaustagegeld vereinbart, zahlt naturgemäß mehr als ein Versicherter, dem ein Basisschutz in der PKV reicht.
Privat dürfen sich nur Beamte, Selbstständige und Studenten versichern sowie Angestellte, deren Gehalt die sogenannte Jahresarbeitsentgeltgrenze übersteigt. Im Jahr 2025 beträgt diese Grenze 73.800 Euro. Wer brutto mehr verdient, darf sich privat krankenversichern, er kann aber auch als freiwilliges Mitglied in einer der Gesetzlichen Krankenkassen bleiben.
Bei Angestellten übernimmt der Arbeitgeber die Hälfte des Beitrags zur Privaten Krankenversicherung. Gedeckelt ist die Beteiligung des Chefs bis zum Höchstsatz eines gesetzlich Versicherten. Im Jahr 2025 sind dies rund 570 Euro für GKV-Versicherte mit Kindern sowie 587 Euro ohne Kinder.
Privat versichert im Alter: eine kostspielige Angelegenheit.
2024 veröffentlichte die Süddeutsche Zeitung eine Hiobsbotschaft für privat Krankenversicherte. Demnach sollten die PKV-Beiträge zum 1. Januar 2025 im Schnitt um 18 Prozent steigen. Rund zwei Drittel aller 8,7 Millionen Vollversicherten in der PKV seien betroffen. Viele von ihnen könne es auch noch härter treffen, denn Beitragserhöhungen von mehr als 30 Prozent würden keine Seltenheit sein, schrieb die SZ.
Ursachen der Beitragserhöhungen seien starke Anstiege bei den medizinischen Leistungen, insbesondere bei Behandlungen im Krankenhaus. Auch die Kosten in der Pflege und bei den allgemeinen Krankenhausleistungen, die im Übrigen für privat und gesetzlich Versicherte identisch sind, sind deutlich gestiegen – zwischen den Jahren 2021 und 2023 betrug der Kostenanstieg je durchschnittlichem Pflegetag im Krankenhaus nahezu 40 Prozent.
Wer mit Mitte bis Ende 50 aufgrund seines Einkommens oder als Selbstständiger Privatpatient ist, dürfte angesichts dieser Meldung arg ins Grübeln kommen. Selbst wer immer gut verdient hat und deshalb eine vergleichsweise hohe gesetzliche Rente erhält, überdies noch Zahlungen aus der betrieblichen Altersversorge bekommt und privat fürs Alter vorgesorgt hat, dem dürften die auch künftig absehbaren Beitragssteigerungen in der PKV zu denken geben.
Daran ändern auch die Altersrückstellungen der privaten Versicherer nichts. Denn diese decken nur einen Teil der Kosten, die im Laufe der Jahre durch höhere Ausgaben für die Versicherten und den medizinischen Fortschritt entstehen. Zwangsläufig werden auch die Beiträge im Rentenalter ungebremst steigen – und dies in einer Phase, in denen die Einnahmen in der Regel um einiges geringer sind als während des Erwerbslebens.
An welchen Stellschrauben bei der PKV die Generation 50+ drehen kann.
Abhängig vom Tarif kann der Monatsbeitrag bereits mit Mitte 50 oder im Alter von 60 Jahren 1.000 Euro und mehr betragen. Sollte es beim jüngsten Beitragslift von 18 Prozent im Schnitt bleiben, sind mit spätestens zu Beginn des Rentenalters 2.000 Euro im Monat fällig. Ende nach oben offen – leider.
Privat Krankenversicherte haben im Grunde nur zwei Möglichkeiten, die finanziellen Folgen auch künftiger Beitragserhöhungen zu mildern und so die Versicherungsbeiträge zu begrenzen, respektive wenigstens etwas kalkulierbarer zu machen:
- Sie wählen einen Tarif mit Selbstbeteiligung oder
- Sie wechseln in einen Basistarif.
Selbstbeteiligung. Viele Private Krankenversicherungen bieten Tarife mit Selbstbeteiligung an – ein geläufiges Modell, üblich etwa bei der Kfz-Teilkasko- und Vollkasko-Versicherung –, um die Beiträge zu senken. Gegen diese Strategie zur Kostendämpfung ist im Grunde nichts einzuwenden. Entscheidend ist, dass jeder Versicherte die (jährliche) Höhe der Selbstbeteiligung in der PKV realistisch und deshalb sorgfältig kalkuliert.
Grund: Soll die Selbstbeteiligung irgendwann einmal, weil das finanziell nötig ist, gesenkt werden, ist dies in der Regel nur nach einer erneuten Gesundheitsprüfung möglich. Wer zwischenzeitlich erkrankt, ob nun an Bluthochdruck oder aufgrund eines Rückenleidens, kann seine Selbstbeteiligung kaum noch verringern.
Ein weiteres wichtiges Argument dafür, dass insbesondere die Generation 50+ die Höhe der Selbstbeteiligung nur gut durchdacht festlegen sollte: Angestellte haben praktisch keine finanziellen Vorteile, falls sie einen Teil der Krankheitskosten selbst übernehmen. Denn der Chef beteiligt sich zwar in der Regel zur Hälfte an den Versicherungsbeiträgen, doch Arbeitnehmende müssen die Selbstbeteiligung komplett aus der eigenen Tasche zahlen.
Versicherungstarife mit Beitragsrückerstattung. Auch diese Tarife, bei denen eine Beitragsrückerstattung erfolgt, sofern keine Rechnungen eingereicht werden, sind mit Vorbehalt zu genießen. Das hat steuerliche Gründe. So dürfen Krankheitskosten in der Regel als sogenannte Sonderausgaben Steuern sparend mit dem Finanzamt abgerechnet werden. Das lohnt vor allem für gut und besser Verdienende mit hohem Grenzsteuersatz.
Die Beitragsrückerstattung verringert hingegen die Höhe der Aufwendungen, an denen sich das Finanzamt beteiligt. Aus gutem Grund müssen Steuerzahler ihre Erstattung dem Fiskus via Steuererklärung melden. Es ist demnach ein Rechenexempel, was mehr lohnt: Beitragsersparnis oder Steuerersparnis.
Basistarif. Die Leistungen im Basistarif einer Privaten Krankenversicherung entsprechen in etwa denen der Gesetzlichen Krankenkassen. Im Jahr 2025 liegt der Höchstbetrag für den Basistarif bei einer Einzelperson um die 940 Euro monatlich – plus Beitrag zur privaten Pflegeversicherung. Zum Ausgleich ist das Leistungsniveau spürbar niedriger als in einem normalen Tarif der PKV und kann sogar gekürzt werden.
Wird im Basistarif ein Selbstbehalt vereinbart, so gilt dieser für drei Jahre. Stellt sich heraus, dass durch jenen Selbstbehalt der Versicherungsbeitrag nicht angemessen reduziert wird, kann der Versicherte jederzeit die Umstellung in einen Basistarif ohne Selbstbehalt verlangen.
Die Wechselmöglichkeit des Versicherten in einen Basistarif ist grundsätzlich sinnvoll. Wermutstropfen: Vor dem Umstieg dürfen die Versicherer eine erneute Gesundheitsprüfung verlangen. Rechtlich gibt es daran nichts zu deuteln, weil die Versicherer die Ergebnisse einer solchen Gesundheitsprüfung für den gesetzlich vorgeschriebenen Risikoausgleich brauchen
Hochwertige Leistungen in der PKV durch ausreichend Liquidität sichern.
Chefarztbehandlung praktisch rund um die Uhr, kein schnarchender Nachbar im Ein-Bett-Zimmer, selbstverständlicher Einsatz medizinischer Technologie auf höchstem Niveau und, und, und. Oft kommen Privatpatienten in den Genuss medizinischer Leistungen, von denen die Mitglieder einer Gesetzlichen Krankenkasse bisweilen nur träumen können.
Doch die – tatsächliche oder nur vermeintliche – Vorzugsbehandlung hat ihren Preis – im wahrsten Wortsinn. Insbesondere im Rentenalter muss man sich Versicherungsbeiträge ab 1.000 Euro im Monat leisten können. Zwar ist davon auszugehen, dass ein heute Mitt-Fünfziger, der bereits auf eine erfolgreiche berufliche Biografie zurückblicken kann, eine ansehnliche gesetzliche Rente bekommen wird, überdies oft auch Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung und der privaten Altersvorsorge.
Doch schon heute hohe und künftig vielleicht sogar dramatisch steigende Beiträge zur PKV dürften später einen immer größeren Anteil an den Alterseinkünften verschlingen. Zwar ist das Geld in die eigene Gesundheit bestens investiert. Zugleich könnte dies aber auch bedeuten, dass aus den Alterseinkünften ein geringerer Anteil zur Verfügung steht als geplant oder erhofft.
Wäre es da nicht sinnvoll, zumindest mit einem Teil des Vermögens das Leben im Ruhestand zu versüßen? Frei nach dem Motto: Das letzte Hemd hat keine Taschen.
Voraussetzung ist jedoch, dass Vermögenswerte, die dem genannten Zweck dienen sollen, im Handumdrehen verfügbar (liquide) sind, ohne dass dabei Verluste realisiert werden müssen. Börsennotierte Wertpapiere wie Aktien, Aktienfonds, mit Abstrichen aber auch länger laufende Anleihen und Rentenfonds, sind unter den genannten Voraussetzungen eher ungeeignet. Denn hier ist die Gefahr zu groß, dass ausgerechnet ein paar Monate vor der geplanten Kreuzfahrt oder gar Weltreise die Aktienmärkte im Sinkflug sind oder die Zinsen an den Kapitalmärkten sprunghaft steigen, was Kursverluste bei Anleihen zur Folge hat. In dem Falle hieße es, auf den Trip verzichten oder aber die Wertpapiere mit (deutlichem) Verlust verkaufen.
Naheliegende Strategie: Ein ansehnlicher Teil des Vermögens besteht aus Einlageprodukten bei der Bank – also Tagesgeld und Festgelder mit unterschiedlichen Laufzeiten, um den Zinsertrag zu optimieren. Im Hinblick auf Anlagesicherheit bietet sich diese Strategie an: dass vor allem im Rentenalter ein vergleichsweise großer Anteil des Gesamtvermögens so angelegt wird.
Doch auch für die Generation 50+, die kurz vor Beginn des Ruhestandes nicht durch eine Aktienbaisse oder Verluste an den Rentenmärkten kalt erwischt werden möchte, empfiehlt sich dieses Vorgehen. Denn die Erfahrung lehrt, wie klug es oft ist, ab Mitte 50 zumindest das „Aktien-Exposure“, so der Fachbegriff, schrittweise zugunsten der erwähnten Einlagen-Produkte zu reduzieren.
Fazit: PKV im Alter – lohnt sich das?
Ob sich eine Private Krankenversicherung im Alter rechnet, hängt stark von der individuellen finanziellen Situation ab. Wer auch im Ruhestand über ausreichend Liquidität verfügt, um hohe und weiter steigende Beiträge zu stemmen – beispielsweise durch eine gute Rente, betriebliche Altersvorsorge und Vermögen –, kann die Vorteile der PKV durchaus genießen. Voraussetzung ist jedoch eine vorausschauende Planung, etwa durch Rücklagenbildung oder frühzeitige Tarifoptimierung.
Wem die Kosten im Alter zu hoch werden, dem bleibt nur der Wechsel in einen günstigeren PKV-Tarif – ein Rückweg in die gesetzliche Krankenversicherung ist in der Regel kaum möglich. Nur unter bestimmten Bedingungen, etwa wenn man vor dem 55. Lebensjahr wieder sozialversicherungspflichtig angestellt wird oder über die Familienversicherung eines gesetzlich versicherten Ehepartners, kann ein Wechsel in die GKV noch gelingen. Für alle anderen gilt: Einmal privat, immer privat – mit allen Konsequenzen.
Über den Autor.
Heinz-Josef Simons, Jahrgang 1956, arbeitet seit gut 30 Jahren als Wirtschafts- und Finanzjournalist, überdies seit rund zehn Jahren als Kommunikationsberater.
Nach seinem Magister-Abschluss an der RWTH Aachen in den Fächern Germanistik, Anglistik und Politische Wissenschaft waren die ersten beruflichen Stationen Mitte der 1980er Jahre der Bund der Steuerzahler Nordrhein-Westfalen (Pressesprecher) sowie bis Mitte der 1990er Jahre einer der größten deutschen Finanzvertriebe (Kommunikationschef und Redenschreiber).
Seit Mitte der 1990er Jahre arbeitet er frei. Geschrieben hat er unter anderem für Financial Times Deutschland, Börse Online, das frühere Verbrauchermagazin DM, GeldIdee, Impulse, Capital, Süddeutsche Zeitung, Tagesspiegel, Immobilien Manager und zahlreiche andere.